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Hommage an eine Schönheit – die Vulva im Fokus

„In sehr früher Kindheit wurde ich in meiner Familie sexuell misshandelt, was mein gesamtes Dasein als Frau und Mensch beeinflusst. Mit meinem Schaffen möchte ich einen Dialog kreieren. Ich sprechen über alles frei, weil ich nicht allein bin. Ich will und kann die Welt nicht retten, oder ändern, doch mein Anspruch ist es, neben meiner ganz persönlichen Verarbeitung meiner Traumata, mit meiner Kunst zu provozieren, anzuecken und somit aufzuzeigen, dass Kinder und Frauen nicht benutzt werden dürfen. Es passiert viel, wenn wir anfangen über unsere Ängste und Bedürfnisse zu sprechen. Die Ängste sind auf einmal nicht mehr so groß. Wir müssen kommunizieren, zuhören und einander helfen. Frauen und Männer können nur im Dialog zueinander finden.“

Irina von Bonin beschäftigt sich mit der historisch bedingten Interaktion zwischen Mann und Frau und agiert hierbei außerhalb linearer Denkstrukturen. Die großartige Chemie, die entsteht, wenn Trauma in Kunst gewandelt wird, wurde zwar erst relativ spät zu einem integralen Bestandteil ihres Lebens, doch durch den hohen Anteil an Lebenserfahrung, wurde ihr künstlerisches Schaffen zu loderndem Leben erweckt, sodass sie polarisiert.

„Als Künstler lebt man quasi sein privates Leben im Beruf aus. Man trägt sein Innerstes nach außen. Man teilt seine tiefsten Geheimnisse und Ängst, über Freuden und Leid und Phantasien, mit der Öffentlichkeit. Das bedarf viel Mut und darf respektiert werden. Doch mögen muss man dies nicht.“

„In sehr früher Kindheit wurde ich in meiner Familie sexuell misshandelt, was mein gesamtes Dasein als Frau und Mensch beeinflusst. Mit meinem Schaffen möchte ich einen Dialog kreieren. Ich sprechen über alles frei, weil ich nicht allein bin. Ich will und kann die Welt nicht retten, oder ändern, doch mein Anspruch ist es, neben meiner ganz persönlichen Verarbeitung meiner Traumata, mit meiner Kunst zu provozieren, anzuecken und somit aufzuzeigen, dass Kinder und Frauen nicht benutzt werden dürfen. Es passiert viel, wenn wir anfangen über unsere Ängste und Bedürfnisse zu sprechen. Die Ängste sind auf einmal nicht mehr so groß. Wir müssen kommunizieren, zuhören und einander helfen. Frauen und Männer können nur im Dialog zueinander finden.“

Irina von Bonin beschäftigt sich mit der historisch bedingten Interaktion zwischen Mann und Frau und agiert hierbei außerhalb linearer Denkstrukturen. Die großartige Chemie, die entsteht, wenn Trauma in Kunst gewandelt wird, wurde zwar erst relativ spät zu einem integralen Bestandteil ihres Lebens, doch durch den hohen Anteil an Lebenserfahrung, wurde ihr künstlerisches Schaffen zu loderndem Leben erweckt, sodass sie polarisiert.

„Als Künstler lebt man quasi sein privates Leben im Beruf aus. Man trägt sein Innerstes nach außen. Man teilt seine tiefsten Geheimnisse und Ängst, über Freuden und Leid und Phantasien, mit der Öffentlichkeit. Das bedarf viel Mut und darf respektiert werden. Doch mögen muss man dies nicht.“

„Ich war noch sehr klein, ungefähr drei Jahre alt, als ich das erste Mal sexuell misshandelt wurde. Somit wurde dieses lebensverändernde Ereignis aus meiner Vergangenheit tief in meiner Seele vergraben. Ich hatte keine Ahnung, was mit mir los war, ich war nur irgendwie anders. Ich hatte viele Ängste, wie z.B. Albträume bis in mein hohes Erwachsenenalter, die mich aus dem Schlaf rissen und tagsüber Wahnvorstellungen, in denen ich kleine Kinder quälte. Die waren besonders schlimm, denn zum einen konnte ich mir nicht erklären woher sie kamen und zum anderen schämte ich mich dafür so sehr, dass ich mich nie jemandem anvertrauten konnte. Ich litt unter Angstschweiß, der mir täglich die Klamotten durchnässte, Klaustrophobie, immer wiederkehrende Todesängste und vieles mehr. Doch wenn man all diese Dinge täglich mit sich trägt, werden diese Dinge zu einer zerstörenden Normalität. 

Auch meine Sexualität war, und ist teilweise noch immer, gestört. Keine Orgasmen, weil kein Lustempfinden da war. Dafür aber Blutgier, ein Bedürfnis mit der Sexualität provozieren zu müssen und viele weitere unnatürliche sexuelle Bedürfnisse. Doch wenn man nicht weiß, dass man anders ist, weil man sich schämt darüber zu sprechen, nimmt man all dies einfach hin. Ich sprach nie mit meinen Freundinnen über meine Sexualität. Ich sprach nie mit einem Mann über meine Sexualität. Ich schämte mich Fragen zu stellen, ich schämte mich Bedürfnisse zu haben. Hatte ich überhaupt Bedürfnisse? Nichtmal dies wusste ich.

All dies verarbeite ich in meinen Bildern und teilweise in Performance Art. Mit meinen Projekten möchte ich einen Dialog schaffen. Es ist mir wichtig über alles frei zu sprechen, weil ich nicht allein bin. Wir können davon ausgehen, dass jede freiwillige Prostituierte eine ähnliche Vergangenheit hat wie ich. Ich möchte zum nachdenken anregen und wachrütteln. Denn vielen Frauen geht es wie mir. Viele wissen nicht, dass sie einen derartigen Fleck in ihrer Vergangenheit haben, oder trauen sich nicht darüber zu sprechen, oder sie nehmen ihr Schicksal einfach hin. Doch das müssen wir nicht. Wenn wir darüber sprechen, befreien wir uns. Wir befreien uns von dem Schmerz, den Qualen und den Wiederholungen. Ich bin in meinem Leben noch vieler weitere Male vergewaltigt worden. Und wieso? Weil ich es nicht besser wusste. Weil ich in der Illusion lebte, dass dies mein Schicksal sei. Die Illusion, dass Sexualität brutal ist. Die Illusion, dass Männer sich an mir bedienen können. Als ich begriff, dass ich in einer Illusion lebte, konnte ich alles ändern.

Wir können alles ändern indem wir Brücken bauen und über unsere Ängste sprechen. Männer wie Frauen, Frauen wie Männer.“

Viva la Vulva

VUlvaniac

Performance

The Lost Nipples

Ich ärgere und belustige mich zugleich. Die weibliche Brust und der weibliche Körper werden leider noch immer als höchst gefährlich eingestuft, insbesondere bei Google, Insta und FB. Woher kommt das? Zu viel Sex. Die Frau ist noch immer diejenige, die das Verderben bringt. Die den unschuldigen Mann verführt und auf die dunkle Seite der Macht lockt. Mich wundert es, dass die Hexenverbrennung, zumindest offiziell, untersagt ist. Doch ist es nicht fast genauso, wenn wir uns weiterhin verstecken müssen? Kommt es nicht einer Verbrennung gleich? Wieso sind wir es, die sich verstecken müssen, um den Mann nicht zu verderben? Um auch unsere Kinder vor unserer sexuellen Ausstrahlung zu schützen? Wieso kann der Mann nicht einfach seinen Trieb im Zaum halten? Noch immer werden wir nach einer Vergewaltigung gefragt, ob wir aufreizend gekleidet waren? Wir sind selbst Schuld, wenn wir Opfer von Missbrauch werden. Mit unseren Kurven, unseren weichen Brüsten und unserem Duft, den wir verströmen, brauchen wir uns wirklich nicht zu wundern, wenn der arme, nur triebgesteuerte Mann über uns herfallen muss. Er kann nichts dafür. Er ist unser Opfer! Wir Frauen verführen mit unserem bloßen Dasein.

Was soll man davon halten? Hat sich das männliche Gehirn im 21. Jahrhundert noch immer nicht weiterentwickelt? Trieb über Intellekt? Aber ist es nicht ein Schuss ins eigene Knie, wenn die männlichen Machthaber dieser Welt der Frau mitteilen, dass sie dafür zu sorgen haben sich vor ihnen, dem Mann, zu schützen? Geben sie damit denn nicht selbst zu, dass sie auf dieser zurückgebliebenen Entwicklungsstufe hängen geblieben sind? Und wieso, liebe Frauen, die Ihr allesamt so viel weiterentwickelt seid, wieso zum Henker, macht ihr dieses dämliche Spiel mit? Wieso lasst ihr euch von ihnen so einschüchtern?

Wir sind, wenn wir uns alle zusammentun, so stark! Lebt euch, lebt das Leben, lebt eure Lust, lebt eure wunderbaren Körper, lebt eure Träume. Wir haben das gleiche Recht wie der Mann auf vollkommenes Dasein in dieser Welt. Mit allem was wir mitbringen.

Diese Website, hat ihre Daseinsberechtigung allein der Bilderklärungen wegen. Nur anhand dieser gilt sie nicht als pornografisch.

Dieses Projekt, die „Lost Nipples“, ist ein Fingerzeig auf den Schwachsinn, den die männliche Welt uns versucht zu verkaufen. Wehrt euch – Viva la Vulva!  

Interviews and more

Interview mit einem ehemaligen Zuhälter

Den Namen habe ich geändert. Ich wollte mal wissen, wie Männer, die Frauen verkaufen, über sie denken.

Ich bin mit Jan verabredet. Jan ist groß, etwa fünfzig, kurze Haare, attraktiv, mit weichen Augen, aber wachem, durchdringendem Blick. Zu Beginn unseres Gesprächs erzählte er von seiner Kindheit. Eine verwirrende Geschichte, in der er mich anfangs glauben lassen wollte, dass er behütet aufwuchs, doch während des Gesprächs bekam ich mehr und mehr den Eindruck, dass dies nur ein Wunschgedanke war. Er erzählte weiter vom Aufwachsen in der damaligen DDR und einem Vater, der die Familie sehr früh verließ, um in den strahlenden Westen zu flüchten. Er berichtete von einer sorgenden Mutter, die allerdings einen Stasimitarbeiter heiratete, dessen einzige Aufgabe es war, sie zu kontrollieren, um eine weitere Flucht zu verhindern. Dieser Stiefvater war gewalttätig und fotografierte Jan nackt. Mehr erzählte er zwar nicht ­– nutzt dies aber entschuldigend, um sein eigenes Scheitern als Stiefvater des Kindes einer früheren Freundin zu rechtfertigen. Auch ging er nicht darauf ein, was es mit ihm gemacht hat, dass seine Mutter ihn nicht vor der Gewalt des Stiefvaters schützte.

Die Übergriffe des Stasi-Stiefvaters erwartend, so erzählte Jan fast stolz, hatten ihn gelehrt

vorausschauend zu werden. Sein Tun zu planen und sich in Menschen reindenken zu können. Es folgten eine Anreihung von Entschuldigungen für sein späteres Verhalten. Da ihm aufgrund der Flucht seines Vaters, die für ihn spannenden Berufsausbildungen verweigert wurden, verließ Jan seine Familie mit 16 Jahren und arbeitete unbemerkt an seiner Karriere als zukünftiger Zuhälter.

Er erzählte von seinem Aufstieg, als Küchenjungen zu einem Bindeglied zwischen den Prostituierten und dem Rest des Hotels, in dem er arbeitete. Dort kamen ausschließlich Reisende aus dem Westen und auch viele Diktatorensöhne aus Libyen unter, die verschwenderisch waren und Jan am horrenden Wechselkurs verdiente. Mit einem Blitzen in den Augen berichtete Jan, wie unscheinbar er damals daherkam und wie niedlich und vertrauenerweckend ihn die Damen empfanden. Schnell wurde er in der Bar des Clubs eingesetzt, wo er sich mitten im Geschehen befand. Und ebenso schnell wurde er zum ungekrönten König der Nacht. Er drehte sich somit unbemerkt in das Vertrauen der Damen und wurde zum Herrscher über die käuflichen Damen dieses Etablissements.

(i)rina: Und wie war das mit der Stasi in diesem Hotel? Wurde das nicht überwacht?

Jan: Ja genau, da war alles unter Beobachtung der Staatssicherheit. Die hatten eine ganze Etage, in der nur die untergebracht waren, um von dort aus sämtliche Zimmer abhören und überwachen zu können. Diese Leute hatten auch mit mir Kontakt gesucht, um mich für ihre Zwecke der Überwachung zu gewinnen. Das lehnte ich aber ab. Mein Glück war, dass der Osten danach nicht mehr lange existierte, denn mittelfristig wäre mir das sicherlich auf die Füße gefallen. Doch da ich noch minderjährig war, wurde ich erstmal geduldet. Somit hatte ich fast ein bisschen Narrenfreiheit. Ich hatte viel Geld, kam an die ganzen coolen Sachen aus dem Westen ran, sodass ich immer wie aus dem Ei gepellt aussah, und ich konnte mich in einem kleine Radius um das Hotel herum frei bewegen.

In diesem Interhotel gab es auch noch das Café belle Flair, wo man nur reindurfte, wenn man mit harter Währung zahlte. Und die hatte ich. Dort haben wir gelebt wie die Fürsten. Heute weiß ich, dass viele von den Leuten, mit denen ich dort damals war, von der Staatssicherheit waren. Denn dort kamen auch viele Leute hin, die das Land verlassen wollten und Kontakte zum Westen suchten. Oder Menschen, die gar gegen das Land rebellierten. Somit war es dort ein sehr bunter Haufen von Menschen, die das Leben genossen. Wir spielten Tennis und fuhren mit dem Motorrad, was alles nicht selbstverständlich war. In dieser Rolle ging ich richtig auf und merkte, dass ich den Mädels auffiel.

Ich war für sie wie der kleine Bruder. Ich wusste, dass die Damen „von der Etage“ in ihren Zimmern saßen und niemand Zeit hatte sie zu versorgen. Somit tat ich das. Ich fing an ihnen Getränke zu bringen und war quasi das Bindeglied zwischen ihnen und den Kellnern.

Damals verdiente ich offiziell 120 DDR-Mark pro Monat. Das war gar nichts. Doch weil es diesen Zwangsumtausch gab, und diese Leute aus dem Westen auch bei mir mit harter Währung zahlten, hatte ich auf einmal extrem viel Cash. Der Knaller war damals Sekt mit Ananas. Also ein Glas Sekt mit Ananas-Stückchen darin und diesen kleinen bunten Piksern. Und wer hatte schon Ananas bekommen? Kein Mensch. Damit hatte ich mir tagelang die Rübe zugeschüttet. Und ich versorgte die Mädels damit. Für Leute aus dem Westen waren 50 DDR-Mark wie 5 DM. Somit hatte ich am Ende bis zu 10.000 DDR-Mark die Woche verdient. Damit konnte ich dann viel rumreisen. Ich war z.B. im Westen, im Palast Hotel und habe mich viel mit Künstlern unterhalten und vielen Leuten, die eben nicht so System treu waren. Das war schon sehr schön alles. Aber irgendwann gab es mal großen Ärger. Da wurde ich ins Politbüro bestellt. Da musste ich beim Kaderleiter vorstellig werden, der mich warnte und sagte, dass ich dieses Leben abstellen müsse.

Ich war also mit diesen Mädels im Interhotel viel zusammen. Das waren alles DDR-Prostituierte. Ich war eben nicht der brutale Typ, sondern der Liebe. Der, in den man sich verliebt. Also kamen viele von den Prostituierten zu mir und baten mich, nach ihnen zu schauen. Mich quasi um sie zu kümmern. Und sie erhofften sich, über mich an gute Kontakte zu kommen. An Männer zu kommen, die einen besseren Umgang mit ihnen pflegten und viel Geld hatten. Und die hatte ich.

Und weil der Verdienst auch für die Mädels ziemlich gut war und es nach großer Welt schmeckte, fing ich an auch andere Mädels hierfür zu gewinnen. Ich fing an diese anderen Mädels in die Bar zu bringen, wo sie sich erstaunlich schnell einarbeiteten.

(i)rina: Was hast Du mit den Frauen gemacht, damit sie für Dich anschaffen gingen? Ist das gewachsen? Hast Du irgendwann den Dreh rausgehabt und gemerkt, was Du zu tun hast, um die Frauen für Dich zu gewinnen?

Jan: Ja, das war so. Ich habe schnell gelernt, sodass die Art und Weise der Ansprache sich immer wieder wandelte. Auch meine Motivation dahinter, eine Frau davon zu überzeugen, dass sie dies für mich tun könnte. Sie da quasi heranzuführen. Das hatte natürlich auch damit zu tun, dass ich ein unglaublich manipulativer Mensch bin, der extrem schnell einen Menschen durchschauen kann und dementsprechend lenken kann.

(i)rina: Man bekommt sehr feine Antennen für Menschen, wenn man so aufwächst wie du. Das kam dir hier sehr zugute.

Jan: Ja, das ist tatsächlich so. Wenn man sich ständig in dieser Hab-Acht-Stellung befindet, wird man sehr aufmerksam. Somit erkenne ich schnell, wie ein Mensch funktioniert, nutze das aber nicht vollends aus.

(i)rina: Also meinst du, dass du nicht brutal wurdest, aber du gingst schon so weit, wie du auch kommen konntest und hast dies dann schon ausgenutzt.

Jan: Nein, ich wurde nicht brutal. Aber wenn ich nun so darüber nachdenke – was ich tatsächlich noch nie getan habe – muss ich zugeben, dass ich das vielleicht falsch eingeschätzt habe. Besonders, weil man sich selbst diesbezüglich nicht analysiert. Das mag sein.

(i)rina: Wie ging es nun weiter?

Als der Osten zu Ende war, wusste ja niemand so richtig, was er machen sollte. Auch ich hatte diese Phase, wo ich keine Orientierung hatte. Doch den Blick für eben diese Damen hatte ich immer. Und eines Tages lernte ich in einer Bar wieder eine junge Dame kennen. Und ich weiß nicht, wie ich es sagen soll. Ich sah jemanden und hatte sofort ein fertiges Bild vor Augen. Ich wusste sofort, ob das passt, oder nicht. Und diese junge Dame entsprach also komplett meinem Beuteschema. Sie sprach mich obendrein äußerlich sehr an. Klein, skinny und sie hatte dieses freche Etwas. Ich hatte Angst vor großen Frauen. Heute noch. Die konnte ich noch nie leiden. Da sind wir dann wieder bei dieser Geschlechterrolle. Bei diesen kleinen Frauen, konnte ich mich dominanter fühlen. Frauen, die auf meiner Augenhöhe waren, waren für mich eine Bedrohung und überhaupt nicht attraktiv. Ich brauchte schon immer etwas Kleines, Zartes. Und die kamen auch alle auf mich zu. Auch heute noch.

(i)rina: Na das kann ich schon ganz gut nachempfinden. Du hast eine sehr warme, herzliche Ausstrahlung, mit viel Kraft und Ruhe. Du strahlst Stärke aus und diese Frauen suchen einen Beschützer. Allein mit Deiner Stimme wiegst Du eine Frau schon in deinem Arm.

Jan: Lacht – Ja, da magst Du recht haben. Wobei ich total beziehungsunfähig bin. Das ist absolut klar. Ich bin auf der Suche nach mir selbst. Alle meine Beziehungen sind in die Grütze gegangen und ich weiß leider nicht, wieso das so ist. Wenn man mich als Freund gewonnen hat, bin ich bis ans Lebensende dein bester Vertrauter und da für dich. Doch mit einer Frau gemeinsam ein Leben aufzubauen, in einer Wohnung mit ihr zu leben, das bekomme ich nicht hin. Und ich war sowieso schon immer ein sehr untreuer Mann. Aber nicht mit dem Herzen, nur mit dem Körper.

(i)rina: Was empfandest Du, wenn eine Frau ihren Körper für Dich verkaufte?

Jan: Pause, denkt nach – Also in erster Linie hat sie ihn ja für sich selbst verkauft.

(i)rina: Aber wieso hast du sie dazu gebracht ihren Körper zu verkaufen?

Jan: Das konnte sie immer frei entscheiden. Ich hatte erstmal herausgefunden, womit sie sich im Leben beschäftigt. Hatte sie eine feste Arbeit? War sie auf der Suche nach irgendwas? Was konnte sie besonders gut? Konnte sie gut vögeln? Ja oder nein. Dies herauszufinden war auch ganz wichtig. Denn du konntest da ja keine hinschicken, die das gar nicht drauf hat.

(i)rina: War ja auch nicht ganz uneigennützig, herauszufinden, ob sie gut vögeln kann.

Jan: Ja, das für sich in Anspruch zu nehmen war auch von Vorteil, ja klar. Dabei durfte es auch ganz gerne mal schlampig werden. Also wo es nicht so die Rolle spielte, wer der Nächste ist. Solche hatte ich mir gerne gesucht und in der Regel auch immer schnell gefunden. Meistens hatte man von der einen oder anderen schon vorher gehört. Dass die gut zu vögeln war und jeden ranließ. Dann hatte die gleich bei mir auf der Liste gestanden. Die wollte ich dann unbedingt kennenlernen. Dann hatten wir es meistens auch ziemlich schnell getrieben und ich fragte sie, ob sie nicht noch mehr Herren kennenlernen wollte. Dann brachte ich sie in diese Bar. Das war ja die Bar von dieser, in die ich damals so verliebt war.

(i)rina: Die, von der du erzähltest, dass sie deinem Beuteschema entsprechen würde.

Jan: Ja genau. Aber die war ja mit einem der größten Kriminellen in unserer Stadt zusammen. So’n Schlägertyp, der auch die regelmäßig geschlagen hatte. Als die einmal mit einem fetten blauen Augen ankam, sagte ich ihr, dass ich nun zu dem hingehen würde. Aber sie hielt mich zurück. Doch als sie dann wieder mit einem blauen Auge ankam, bin ich zu dem hin und hatte dem eine Ansage gemacht. Der war so perplex, dass er erstmal gar nichts gemacht hatte. Doch als ich aus dem Laden raus war, hatten die mich danach vierzehn Tage lang überall gesucht. Aber in diesen vierzehn Tagen, hatte meine Bardame allerdings schon mit noch gefährlicheren Typen eine Verbindung geschaffen. Sie war ja irre geschäftstüchtig und besonders umtriebig. Sie war eine Eiskalte. Sie war ja die eigentliche Zuhälterin. Am Ende war ich derjenige, der in den Discotheken die Weiber aufriss. Der also immer lieferte. Es war also eine Win-win-Situation.

(i)rina: Ok, Du hattest der Barmaus/Zuhälterin die Frauen geliefert. Aber was genau hattest Du gemacht, damit diese Frauen ihre Körper für Dich und am Ende auch für sie, verkauften? Wie kam es, dass eine Frau sagte: „Ok, warum eigentlich nicht? Lasse ich mir verschiedene Schwänze überall hinstecken und lasse mich erniedrigen und ich gebe auch noch von dem hiermit verdienten Geld ab.“

Jan: Das war jetzt eigentlich gar nicht so schwer die davon zu überzeugen. Das waren ohnehin schon solche, die das nicht so ernst genommen hatten. Die ja eh schon mit vielen Typen vögelten. Denen war das ja eh schon völlig egal. Ich hatte nie eine großartig dazu überreden müssen. Die hatten das schon so gemacht. Und die hatten gemerkt, dass die sich auf mich verlassen konnten. Das bestärkte die noch dazu. Die wussten, dass ich hinter ihnen stand und ihnen in jeder nur denkbaren Situation den Arsch retten würde.

(i)rina: Wärest Du eifersüchtig, würde deine Frau, oder deine Freundin mit einem anderen Mann Sex haben, ohne sich dafür bezahlen zu lassen? Einfach weil sie Lust auf ihn hat.

Jan: Nein, da bin ich ganz tolerant. Im Gegenteil, das macht mich eher noch an.

(i)rina: Wieso empfindest du keine Eifersucht?

Jan: Weiß ich nicht.

(i)rina: Vielleicht weil du noch nie richtig geliebt hast?

Jan: Ja, ich denke, ich kann gar nicht lieben.

(i)rina: Es ist also eine Schutzfunktion?

Jan: Ich war nur einziges Mal verliebt. Unglücklich. Ein zweites Mal, dachte ich, ich wäre vielleicht verliebt, aber das war falscher Alarm. – Meine Frau, mit der ich auch verheiratet bin, habe ich auch nie geliebt. Aber ich habe sie lieben gelernt. Also ich schätze sie wirklich sehr. Übrigens alle Frauen, mit denen ich mal etwas hatte, schätze ich sehr. Ich habe sie auch immer miteinander bekannt gemacht. Also alle meine Frauen, kennen alle meine Exfrauen. Und ich habe mit allen auch noch sehr guten Kontakt.

(i)rina: Das gibt dir Sicherheit.

Jan: Ja. Absolut!

(i)rina: Wieso glaubst Du, dass diese Frauen ihre Körper freiwillig verkauften? Was könnte der Grund hierfür sein?

Jan: (Schweigen – überlegt lange…)

(i)rina: Das werden doch wahrscheinlich nicht alles Sexmonster gewesen sein, die nicht genügend befriedigt werden.

Jan: (weiteres Überlegen…) Ich habe sie nie nach einer Motivation gefragt.

(i)rina: Du hast dich nie mit einer darüber auseinandergesetzt? Was hast Du dabei empfunden? Du hast nie auch nur einen Gedanken hierüber verloren?

Jan: Nein. Die Entscheidung hatte sie ja getroffen, also wird’s ja auch in Ordnung gewesen sein.

(i)rina: Hast Du denn mal darüber nachgedacht, dass diese Frauen eventuell psychische Probleme haben und sie allein aufgrund dieser Tatsache, ihre Körper für Dich verkauften? Dass du quasi verlorene Seelen für dich ausnutztest?

Jan: Nein. (muss lachen)

(i)rina: Fühltest Du Dich nicht schuldig, wenn die Frauen dies für Dich taten?

Jan: Nein.

(i)rina: Würdest Du Deinen Körper auch Tag ein, Tag aus, verkaufen und einen Großteil des Verdienstes Deiner Frau, Deiner Zuhälterin, abgeben?

Jan: (überlegt lange…seufzt) Das könnte ich mir nicht vorstellen. Nein, das kann ich mir nicht vorstellen.

(i)rina: Ach? Aber es war völlig ok für dich, dass diese Frauen das für dich taten?

Jan: Ja, völlig normal. – Ich habe das aber immer als eine große Leistung empfunden.

(i)rina: Wie würdest Du Dich fühlen, würden Frauen Deinen Körper benutzen und Dinge in phantasievollem Umfang von Dir verlangen? Würdest Du das mitmachen? Frauen, die es z.B. anmacht Dich mit einem Dildo im Popo zu reiten, oder Dich zu würgen, zu fesseln, zu benutzen, Dich zu erniedrigen? Frauen, die Macht spüren wollen, anhand Deines Körpers, Deiner Persönlichkeit.

Jan: (überlegt) Ich hatte das zum Teil schon mal zugelassen. Ich dachte, ok, ich muss ja auch mal was zurückgeben. (stockt etwas, überlegt..) Aber in der Regel war das nicht so meins. Von ein oder zwei Frauen hatte ich mir auch schon mal was gefallen lassen. Aber ich habe das lieber bei denen gemacht. Ich war und bin halt auch gerne mit der Peitsche unterwegs.

(i)rina: Aber wie ist es denn mit dir? Was würdest du empfinden, würde man sowas mit dir machen? Das sind doch Machtspiele.

Jan: Das ist schwierig für mich. Ich würde mich dann in einer Rolle wiederfinden, in der ich nicht sein möchte.

(i)rina: Ach? Warum denn nicht?

Jan: (lacht wieder) Weiß ich nicht. Ich – ich weiß es nicht. Ich bin ja kein Zerstörer.

(i)rina: Aber wenn du eine Frau hattest, die so eine verlorene Seele war, die eine zerstörte Psyche hatte, weil sie eine total kaputte Kindheit hatte. Eine Frau, die damit groß geworden ist, dass Liebe für sie Erniedrigung bedeutet, sodass sie ihren Körper verkauft, weil sie sich gar nicht mehr spürt. Oder weil sie sich wenigstens ein bisschen spüren möchte. Mit einer solchen Frau gehst du doch sehr verantwortungslos um. Du machst dich in meinen Augen zum Mittäter.

Jan: Ja, das glaube ich gerne. Wenn man sich damit mal näher beschäftigt und mal ein bisschen tiefgründiger wird, mag das sein. Aber das macht man ja nicht. Wieso sollte ich mich da hinterfragen? Diese Frauen hatten das gemacht und ich hatte ja nicht mehr damit zu tun. Da war ich raus.

(i)rina: Ja, das sagt sich so leicht. So reden sich alle raus. Doch für mein Empfinden, haben wir alle einander Verantwortung füreinander zu tragen. Dinge, die du dir nicht angetan haben möchtest, kannst du doch nicht anderen antun. Aber dies tust du. Wieso machst du das?

Jan: Jetzt muss ich eingreifen. Sie waren ja nie gezwungen Dinge zu tun, die sie nicht tun wollten. Sie mussten ja nicht mit jedem Freier mitgehen.

(i)rina: Das mag ja sein, aber du hast meine Frage nicht verstanden. In dem Moment, wenn eine Frau dies für dich tut. „Freiwillig“, wie du sagst, folgt sie dem Muster ihrer Selbstzerstörung. Und du hast dies gefördert. Diese Frauen tun dies alles nicht freiwillig, sie tun dies, weil sie in ihrer Kindheit zerstört wurden. Du hast sie nicht beschützt, du hast ihre Selbstzerstörung gefördert. Wenn du sie somit nicht zur Prostitution verführt hättest, hättest du sie zumindest vor diesem Teil ihrer Zerstörung beschützen können. Kannst du diesem Gedanken folgen?

Jan: (überlegt sehr lange…..) Mein Gott, was für eine Frage. (überlegt weiter….) Weiß ich gar nicht. Ja du hast natürlich recht. Vom moralischen Standpunkt her, hätte man diesen Seelen wahrscheinlich helfen müssen.

(i)rina: Wenn man sie einfach nur in Ruhe gelassen hätte, denn du hättest sie nicht retten können, dann hättest du dich zumindest nicht zum Mittäter gemacht. Aber du hast das Leid dieser Frauen ausgenutzt. Du hast sie für dich benutzt. Und das interessiert mich.

Jan: Na ich mache es ja heutzutage nicht mehr. Aber ich weiß, du merkst, dass ich versuche mich aus der Frage zu winden. Ich bin ja kein Unsensibler.

(i)rina: Nein, du bist sogar hochsensibel. Deswegen weißt du ja auch sofort, bei welcher Frau was geht und wo nicht. Aber du hast diese Schwächen für dich ausgenutzt und hast halt gerne weggeschaut.

Jan: Hmmmmm.

(i)rina: Das war einfacher so, oder?

Jan: Ja. Ja klar, zu fliehen vor der Situation war immer einfacher, als sich der Situation zu stellen – Du musst eins wissen. Alle die, die ich dahin gebracht hatte, die mochte ich immer sehr. Und mit vielen von denen habe ich auch noch einen sehr guten Kontakt. Und alle meine Freundinnen waren, bis auf meine Ehefrau, Prostituierte. Ausnahmslos.

(i)rina: Du beantwortest aber meine Frage nicht.

Jan: Ich weiß. (lacht) Ja, ob ich das heute noch so machen würde? Man hätte denen natürlich helfen können.

(i)rina: Nein, das hättest du nicht. Aber du hättest sie vor dem Schritt in die Prostitution beschützen können.

Jan: Der Gedanke ist mir nie gekommen. Aber ob ich das heute anders sehe? Ja vielleicht. Aber eigentlich nicht.

(i)rina: Ich danke dir für deine Ehrlichkeit.

Jan: (lacht)

 

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